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Britisches Steuerloch & die Schweiz

Was haben die Formulare, die mir meine Schweizer Bank vor ein paar Wochen geschickt hat, mit Grossbritanniens Wirtschaftskrise zu tun? Als Privatkunde der Bank war mir die Antwort bereits klar, aber gestern Mittwoch (5.12.2012) hat der Britische Schatzkanzler George Osborne bei der Vorstellung seines Zwischenbudgets die Konsequenzen meiner Unterschrift oder deren Verweigerung für den Britischen Staatshaushalt in aller Klarheit öffentlich ausformuliert.

Als Teil ihrer Bemühungen, Steuerhinterzieher und Steuervermeider zur Rechenschaft zu ziehen, erwartet London in Zukunft Milliarden von Pfund aus der Schweiz. Dies in Form der Abgeltungssteuer, die im Steuerbakommen zwischen der Schweiz und Grossbritannien , das am 1.1.2013 in Kraft tritt, vorgesehen ist, und die auf nicht-deklarierten Schweizer Guthaben erhoben wird, die in Grossbritannien der Einkommenssteuer unterliegen.

Osborne erklärte dem Unterhaus, er erwarte, dass im Verlauf der kommenden 6 Jahre rund 5,3 Milliarden Pfund (fast Fr.8 Milliarden oder 6,5 Milliarden Euro) aus der Schweiz Richtung Grossbritannien fliessen würden. Er bezeichnete die Vereinbarung mit der Schweiz als „das bedeutendste Steuerhinterziehungsabkommen der Britischen Geschichte“ sowie als einen entscheidenden Schritt im Kampf gegen Steuerhinterziehung in Grossbritannien. Heute morgen erwähnte er die Schweiz in einem Interview mit dem BBC-Radiosender 5Live noch einmal ausdrücklich und sagte, er erhoffe sich bereits für 2013 Einnahmen von rund 3,5 Milliarden Pfund in Form von Abgeltungssteuern.

Britische Finanzexperten bezeichnen den von der Schweiz erwarteten Betrag als enorm und überwältigend. Man wundere sich in diesem Zusammenhang, wieviel Geld wohl in anderen Steueroasen versteckt liege. Bleibt abzuwarten, ob ein Teil des Geldes, das in Schweiz liegt, nun abgezogen oder verschoben wird. Die Britischen Behören gehen ausserdem davon aus, dass die Inhaber von Schweizer Konti in den meisten Fällen ohenhin nicht namentluch identifiziert werden können.

Und nun sitze ich vor den Formularen meiner Schweizer Bank, die ich bis Ende Jahr zurückschicken muss, wenn ich will. Ich bin ein Heimweh-Berner und habe mein Konto nicht zum Hinterziehen von Steuern behalten, sondern wegen meiner engen Beziehung zur Schweiz, und weil ich irgendwann zurückkehren möchte. Ich habe 3 Optionen.

Die erste Möglichkeit ist, gar nichts zu tun. In diesem Fall werden mir um den 31.Mai 2013 herum, je nach Höhe des Kontostands, zwischen 21% und 41% meines Guthabens abgezogen und an die Briten überwiesen. In diesem Fall würde ich für die Briten anonym bleiben. In Zukunft würde mir dann jedes Jahr ein Abzug gemacht, und zwar 48% auf Sparzinsen, 40% auf Erträgen aus Dividen, 27% auf Veräusserungserträgen und 48% auf allen anderen Arten von Einkommen.

Die zweite Möglichkeit ist, zwei verschiedene Formulare zu unterschreiben. Mit dem einen bestätige ich, dass ich meiner Steuerpflicht in Grossbritannien nachgekommen bin und meiner Bank erlaube, den Briten u.a. folgenden Angaben mitzuteilen: meinen Kontostand zum Ende jedes Jahres bis zurück zum 31.12.2002, meinen Namen, mein Geburtsdatum, meine Wohnadresse, Angaben zu meiner Bank sowie Details meines Kontos, wie etwa Nummer, IBAN usw… Mit Unterzeichnung des zweiten Formulars erlaube ich meiner Bank, den Briten in Zukunft ebenfalls alle diese Angaben zu übermitteln.

Die dritte Möglichkeit ist eine Art Zwischenlösung für den Fall, dass ich mein Schweizer Konto in Grossbritannien bisher nicht verteuert hätte: Ich erlaube meiner Bank, den Briten alle Angaben für die letzten 10 Jahre und alle zukünftige Details mitzuteilen, zeige mich aber reumütig bei den Britischen Steuerbehörden selbst an, und mache von einer Amnestie Gebrauch. So müsste ich für die vergangenen 10 Jahre Steuern nachzahlen, würde aber nicht bestraft.

Nun ist das ja alles schön und gut, und ich werde mich nach wie vor an die hiesige Steuerpflicht halten. Nur habe ich in Osbornes Erklärung vergeblich nach Massnahmen gegen Steuervermeidungsmethoden gesucht, die wenig oder nichts mit dem Ausland zu tun haben, mit denen aber besonders Unterhaltungs- und Sportgrössen völlig legal Milllionen vor dem Fiskus retten können, weil sie es sich leisten können, komplizierte Geschäftskonstrultionen in Auftrag zu geben, die dem Normalbürger kaum offenstehen und in der Öffentlichkeit als moralisch verwerflich beurteilt werden.

In einem solchen Fall, der vor einigen Monaten ans Licht kam, flossen Verdienst und Gagen von Stars in einen Treuhandfonds auf der Kanalinsel Jersey. Dieser Fonds gewährte den Einzahlenden dann zinslose oder fast zinslose Darlehen, „vergass“, diese zurückzufordern und schrieb die Verluste schliesslich gegen die Einnahmen ab. Dies alles spielt sich mit Hilfe eines Offshore-Gebietes ab, das zwar nicht zum Vereinigten Königreich gehört, trotzdem aber der Britischen Krone untersteht und damit engestens mit Grossbritannien verbunden ist. Sogar Premierminister David Cameron fand das Ganze nicht in Ordnung. Die Britischen Steuerbehörden sind nun zwar daran, zu untersuchen, wie legal dies ist.  Nur: Wenn ein Loch gestopft wird, gehen gleich wieder neue auf, und ohne eine Art strenges internes „Steuerabkommen“ wird dies wohl immer wieder möglich sein.

Und ich darf nicht vergessen, die ausgefüllten Formulare für meine Bank zur Post zu bringen.

Copyright 2012 Peter Miles

 

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Categorised as: Steuerabkommen


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